Freitag, 15. Juni 2007

Ohne Basiswissen kein Erfolg

Diese Woche war es wieder so weit: "Grundlagen der Tontechnik Teil 1 und 2" stand auf dem Plan des MOCOM Schulungskalenders. Und wie immer ist es nicht nur harte Arbeit für 10 Personen ein zweitätiges Seminarprogramm auszuarbeiten sondern auch pure Freude für mich zu sehen, dass die Vermittlung von Grundlagen offenbar doch nie unmodern wird.

Und so fanden sich auch diesmal wieder Personen aus den unterschiedlichsten Fachbereichen bei uns ein, die alle mehr oder weniger intensiv mit Tontechnik in ihrem Beruf zu tun haben, vom AV-Verkäufer über Inbetriebnahme-Techniker bis hin zu einem Berufsschullehrer, der die beiden Tage zur persönlichen Weiterbildung nutzte.
Nun könnte man annehmen, dass Personen aus der Branche sicher keine Grundlagenschulungen in Sachen Tontechnik wollen oder brauchen, doch der rege Zuspruch zu unserem Angebot lässt exakt den Gegenschluss zu. Das wundert mich persönlich jedoch überhaupt nicht, denn ich erlebe tagtäglich, dass speziell in Sachen Audio viele einzig und allein dem Motto "Learning By Doing" folgen und sich nie um die Aneignung von Basiswissen gekümmert haben. Ob darin alleine die oft sehr bescheidene Qualität österreichischer Lautsprecheranlagen begründet ist, traue ich mich nicht zu behaupten, eines ist jedoch völlig klar:

"Wer nicht weiß wie man es richtig macht, muss probieren oder kann nur raten!"
Daher konzentriert sich unsere dreiteilige Tontechnik-Schulungsreihe auf die Vermittlung von Grundlagen. Angefangen bei Informationen WIE und WAS wir eigentlich hören führt der Weg zu Begriffen wie "Hörkomfort" oder "Verkürzung der Hördistanz". Da gibt es meist schon die ersten Aha-Erlebnisse, weil sich manch einer zum ersten Mal ernsthaft mit dem Gedanken beschäftigt, was eine Beschallungsanlage eigentlich können soll bzw. was die einzelnen Erfolgskriterien eigentlich sind.
Spätestens beim Thema Ortung (aus welcher Richtung hören wir ein Schallereignis) und beim Haas-Effekt erkenne ich als Vortragender, dass den Teilnehmern klar wird, Tontechnik ist nicht eine schwarze Kunst oder ein künstlerischer Prozess, sondern das Ergebnis der konsequenten Anwendung von physikalischen Grundgesetzen und Ergebnissen der Forschung.
Natürlich muss die eine oder andere Anekdote oder ein plakatives Beispiel aus der Praxis zur Auflockerung im Vortrag platziert werden, am wirksamsten sind aber natürlich Klangbeispiele selbst.
Wie immer steht natürlich viel zu wenig Zeit zur Verfügung und es wäre vermessen zu behaupten, dass man in drei Tagen perfekte Tontechniker ausbilden könnte, aber einiges getraue ich mich zu behaupten:
  • Die Teilnehmer verlassen die Schulung mit gestärktem Selbstvertrauen, wenn sie die in der Praxis erlebten Fehler oder Erfolge plötzlich begründen können, weil das nötige Fundament plötzlich vieles erklärbar macht.
  • AV-Techniker mit Videohintergrund, welche bisher Lautsprecher eher als Beiwerk zu einer Projektionsleinwand gesehen haben, beginnen über den guten Ton nachzudenken.
  • Verkäufer lassen sich nicht mehr so einfach in "Mission Impossible" Projekte hineinziehen, d.h. vermeiden solche Projekte, welche technisch praktisch unmöglich zu realisieren sind, weil der Kunde unrealistische Forderungen aufstellt.
  • Allen wird bewußt, dass es auch bei Tontechnik-Geräten Qualitätsunterschiede gibt und sich Produktpreise nicht nur durch Markennamen und Marketing ergeben.
  • und last but not least: Dass die Übertragung der menschlichen Stimme oder auch von Musik an ein Publikum mittels guter Tontechnik auch eine Menge Spaß machen kann.
Was kann ich mir also mehr wünschen? Daher nochmals ein Dank an die Teilnehmer für ihre Zeit und ihr Interesse und natürlich auch Danke an das MOCOM Team, das mir viel Arbeit abnimmt, damit ich mich auf meine Lieblingsbeschäftigung konzentrieren kann: Reden, reden, reden, ....
Wie immer freue ich mich auf Ihre Kommentare; bleiben Sie mir gewogen, der nächste Post kommt dann direkt aus den USA von der Infocomm, zu der ich jetzt gleich aufbreche.

Montag, 4. Juni 2007

Haus der Zukunft und anderer Unsinn

Sucht man in Google nach "Haus der Zukunft" so gibt es ca. 177000 Treffer und trotzdem gibt es kaum einen Begriff, der mich persönlich so ärgert wie dieser!
Unter diesem Titel, der seit den fortschrittsgläubigen 50er Jahren und TV-Serien wie "The Jetsons" in aller Munde ist, verstehen Auskenner und solche, die sich dafür halten in unserer Branche Musterhäuser, bei denen möglichst viel Technik eingebaut ist und welches dem Besucher vorgaukeln will, wie er sich seine Zukunft so vorzustellen hat.

Was stört mich nun konkret so an diesem Ausdruck?

  1. Fast überall steht dieser unsägliche Electrolux Internetkühlschrank oder ein ähnlicher Prototyp für den wahren Fortschritt, als wenn es keine ander Innovationen geben würde als einen Einkaufszettel durch einen LCD Screen zu ersetzen.
  2. Mit wenigen Ausnahmen gilt der Blick fast immer der (teilweise weit entfernten!) Zukunft und vor dieser fürchten sich die meisten von uns auch ohne Technik.
  3. Den Projekten ist praktisch immer die zugrundeliegende Finanzierung anzusehen. Entweder als Forschungsprojekt (an den absolut praxisfremden und nicht serienreifen Teilsystemen zu erkennen!) oder aus planlos zusammengewürfelten Einzelteilen der jeweiligen Sponsoren bestehend.
  4. Den größten persönlichen Unmut löst jedoch die völlige Negierung des Status Quo, d.h. der GEGENWART aus. Alles läuft unter dem Motto: "Heute noch nicht, aber in ein paar Jahren wird das alles Standard sein!" Wie motivieren wir damit Kunden , HEUTE in die von uns angebotenen Lösungen zu investieren? Ich versteh es einfach nicht!
Ich plädiere daher für ein
"Haus der Gegenwart"
in dem Technologien vorgestellt werden sollten, die HEUTE, HIER und JETZT möglich und wünschenswert sind! Das würde vielen Menschen die Scheu vor aktuellen Errungenschaften der Haustechnik nehmen. Touchpanels, Bussysteme, Multiroom Audio/Video-Systeme, Internetanbindung und ähnliches sind einfach nichts aus bzw. für die Zukunft sondern aktuelle Standards im gehobenen Wohnbau, wie sie unsere Branche tagtäglich realisieren!

Da lob ich mir ein Projekt in Deutschland namens
Der von mir sehr geschätzte Rüdiger Krug hat einfach sein eigenes Haus nach dem aktuellen Stand der Technik eingerichtet und dem ganzen einen hübschen Namen verpaßt. Bei genauerer Betrachtung ist in diesem Haus nichts aber auch schon gar nichts futuristisch oder extrem. Es ist einfach von jemandem mit Branchenerfahrung geplant und errichtet worden. Für sich und seine Familie, ohne jemandem etwas beweisen zu wollen.

Daß man damit aber auch im Jahre 2007 noch jede Menge Presse bekommt, ist ja eigentlich widersinning, oder?
Daher mein Aufruf: Liebe geschätzte Mitarbeiter der schreibenden Zunft. BITTE hört endlich auf, aktuelle Technik in die Sparte "Unser Leben in der Zukunft" zu verschieben und platziert Eure Artikel lieber unter "Aktuelles"

Und Ihr liebe Branchenkollegen? Geht hinaus in den Markt und verkauft HEUTE, denn morgen ist das Heute schon wieder Gestern!